Ernährung

Ein heiliger Bimbam namens B.A.R.F.

Viele fühlen sich berufen, doch nur wenige sind auserwählt: Seit die Rohfütterung in Ratgeberliteratur und Hundeforen zum Mass allen Futters erhoben wurde, streiten sich ihre Anhänger über den wahren Weg der Erleuchtung. Dabei sollte es doch eigentlich um etwas ganz anderes gehen, meint Ernährungsberaterin Inken Rehburg.

 

Ich barfe - dachte ich zumindest. Immerhin habe ich ein riesiges Zertifikat auf dem steht, dass ich die Ausbildung zur Tierernährungsberaterin abgeschlossen habe. Also sollte ich es doch wohl wissen, oder?

Nun stelle ich aber fest, dass ich damit nicht nur einfach eine bestimmte Richtung der Hundeernährung eingeschlagen habe, sondern offensichtlich einer Art Sekte beigetreten bin. Einer ziemlich zerstrittenen Sekte:

 

Da gibt es die bösen Getreidefütterer unter den Barfern. Das geht natürlich gar nicht! Es weiss doch jedes Kind, dass der Wolf kein Getreide frisst! Noch schlimmer sind jedoch die vermeintlichen Barfer, die ab und zu, zum Beispiel während des Urlaubs, einfach auf Trocken- oder Dosenfutter umsteigen. DAS soll B.A.R.F. sein? Das ist ganz, ganz böses Fertigfutter! Pfui!!! Nicht vergessen wollen wir auch die, die sich Barfer nennen, aber das Fleisch für ihre Tiere manchmal kochen. Das ist wider das ‚R’ in B.A.R.F., denn das steht für „Raw“, also roh. Also auch nix mit richtigem B.A.R.F. Und last but not least stellte ich kürzlich fest, dass es noch eine höhere Weihe als B.A.R.F. gibt: Die Prey-Methode (nur kurz: Die Idee ist, Beutetiere im Ganzen zu füttern, ohne weitere Zugaben wie beispielsweise Gemüse).

 

Voltaire liegt neben einem Haufen von Fachbüchern und blickt fragend in die Kamera
Die Frage, ob er denn nun richtig gebarft wird, ist für Voltaire eine rein philosophische

Und nun kommt meine ganz, ganz grosse, religionsadäquate Beichte: Die höchste Weihe strebe ich nicht an und ich habe mich aller Verfehlungen wider dem korrekten Barfen bereits schuldig gemacht. Im Urlaub gibt es mal Trockenfutter, mal die Dose und natürlich auch B.A.R.F. Bei Krankheit oder auch einfach nur, weil es von unserem Essen übrig ist, gibt es mal Reis oder Kartoffeln. Und genau so gibt es bei manchen Erkrankungen gekochtes Fleisch.

 

Also bin ich wohl keine Barferin der reinen Lehre. Aber das ist mir egal. Denn irgendwie habe ich das Gefühl, dass es bei diesem Streit um des Kaisers Bart nicht mehr um die bestmöglichste Ernährung unserer Hunde geht, sondern einzig darum, recht zu haben. Aber recht hat meines Erachtens derjenige, der einen gesunden Hund hat. Und man sollte es nicht glauben: Das ist durchaus auch mit manchen Fertigfuttern möglich (wobei hier die Betonung auf „manche“ liegt). Oder auch mit dem von mir verabreichten Mix.

 

Und solange die Fellnase keine Probleme mit Futterumstellungen hat, nicht an Krankheiten wie z.B. Allergien leidet, darf man zwischendurch auch mal ein anderes Futter geben. Und dennoch behaupten, dass man barft. Oder aber wir finden einen neuen Begriff dafür. Wie wäre es z.B. mit F.A.T.?? Flexible artgerechte Tierfütterung?

 

Wichtig ist grundsätzlich nur, dass insgesamt eine ausgeglichene Versorgung mit Nährstoffen gewährleistet ist. Das ist übrigens nicht pro Tag zu betrachten, sondern über einen Zeitraum von ein bis zwei Wochen. Auch nicht unwichtig ist, dass der Mensch mit der gewählten Fütterungsmethode klarkommt, sei es finanziell oder zeitlich. Unter dem Strich ist letztlich nur entscheidend, dass er bei der Wahl der Ernährung die Gesundheit seines Tieres im Auge hat.

 

Und die verträgt auch ab und zu ein ein Stück Käse als Belohnung, so wie ich mir hin und wieder ein Glas Wein gönne. Beides ist im Übermass nicht gesund – in vernünftigen Dosen aber lecker und ein Genuss, der Spass macht! Und Spass haben ist supergesund ...


Inken Rehburg, Tierhomöopathin/Tierernährungsberaterin, Natürlich für Tiere

  • Meine Hunde heissen Voltaire (r.) und William
  • Mein Motto im Umgang mit Hunden: Niemand hat mich je besser erzogen
  • Der Film, in dem meine Hunde die Hauptrolle spielen, hätte den Titel "Das grosse Fressen"
  • Mein Lieblingsbuch zum Thema Hund: "Tim und Struppi"
  • Was ich an meinen Hunden besonders liebe: ihre Begeisterungsfähigkeit
  • Mein erster Hund war ein Dackel namens Bessy

 

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Kommentare: 6
  • #1

    Sandra Carrara (Donnerstag, 11 Februar 2016 07:33)

    Ein guter Artikel! Wir sind auch "Barfer" und wundern uns immer wieder über diese Predigen, die man so lesen kann...
    Ein Organismus steckt vieles weg und das ist gut so. In der Natur frisst ein Wolf den Hasen trotzdem, auch wenn dieser an einem Vitamin B Mangel leidet... Und wir Menschen achten auch auf kein ausgewogenes Calcium-Phosphor-Verhältnis...
    Also gesunder Menschenverstand und Spass soll es machen!

  • #2

    Inken (Donnerstag, 11 Februar 2016 12:00)

    Danke. Es gefällt mir, wenn es gefällt :-)

  • #3

    Inken (Donnerstag, 11 Februar 2016 12:08)

    Ein Nachtrag: Dieser Artikel wurde auch auf FB geteilt. Und dabei wurde mir die Frage gestellt warum ich nicht auch auf die Art des Fleisches, bzw. des Tieres eingehe, das verfüttert wird. Für mich wäre dies ein weiterer Artikel. Aber ich möchte dennoch hier kurz antworten.
    Mein Traum wäre es nur Bio-Fleisch an meine Hunde zu verfüttern. Am liebsten würde ich das Fleisch nur direkt vom Bio-Bauern beziehen, bzw. aus einem Bio-Laden meines Vertrauens. Und es gibt tatsächlich inzwischen auch Bio-Barf-Fleisch.
    Ich würde dies gerne aus zwei Gründen tun: 1. Weil es einfach unfair ist, dass ich für meine Hunde das beste Leben will und dabei dann keine Rücksicht darauf nehme, wie das Tier gelebt hat, das ich verfüttere.
    2. weil ich eben das Beste für meine Hunde will. Und mir schon klar ist, dass das meiste Nutzvieh nicht besonders gut gehalten wird. Und daher die Schadstoffe, Stresshormone usw an meine Tiere verfüttert werden.
    Nun ist es aber so, dass dieses Fleisch sehr teuer ist. Und ich es mir einfach nicht leisten kann ca. 1 kg. Bio-Fleisch am Tag zu verfüttern. Mal ja... regelmässig: Leider nein.
    Wenn man aber in der Lage ist dieses Fleisch zu bezahlen, so würde ich immer und in jedem Fall dazu raten. Zum Wohl aller beteiligten Tiere.
    Und wenn ich einmal gross und reich bin, dann mache ich das auch :-)

  • #4

    Ursula (Donnerstag, 11 Februar 2016 13:58)

    Super Artikel! DANKE! Ich sehe das genau so. Seit ich zudem weiss, was die Buchstaben von BARF bedeuten und was dahinter steckt, nenne ich die Fütterungsart meiner Luna einfach Frischfütterung. Denn BARF heisst ja Born Again Raw Feader. Und alles mit "Born Again..." gilt in Amerika tatsächlich als Sekte....... Aber dein Ausdruck FAT gefällt mir hervorragend :)
    Seit ich die Ernährung umgestellt habe, kann sich Luna vor lauter Energie kaum halten. Und auch wenn sie manchmal Fertigtrockenfutter bekommt, leidet sie nicht.
    Herzlich und nochmals DANKE für den genialen Artikel. Du sprichst mir voll aus dem Herzen :)
    Ursula

  • #5

    Inken (Donnerstag, 11 Februar 2016 14:31)

    Ursula, das ist schön :-)... Ich wünsche also fröhliches F.A.T. en :-)

  • #6

    Anits (Dienstag, 16 Februar 2016 23:45)

    Wir füttern auch F.A.T. - dieser Ausdruck gefällt mir sehr gut. :-) und gerne werden bei uns auch mal Eintageskücken (gibts als Frostfutter bei www.frostnager.ch) gefuttert. En Guete :-)