Grenzen setzen - Wattebausch gegen Wurfkette

von Martina Maier-Schmid

Es ist der Klassiker unter den Klischées, der von den Kritikern als einer der ersten aus dem Ärmel gezogen wird: Positive Verstärkung sei nichts anderes als antiautoritäre Erziehung, weil sie Strafen ablehne, und ohne Strafe liessen sich schliesslich keine Grenzen setzen. Woher soll also bitteschön ein Hund wissen, was er nicht tun soll? Falsche Fragestellung, findet Martina Maier-Schmid. Denn der Verzicht auf Bestrafung hat für sie nichts mit einer antiautoritären Haltung zu tun, aber alles mit dem Wissen darüber, wie Hunde lernen. Und mit dem Ziel, Grenzen so zu setzen, dass der Hund sie zuverlässig respektiert.

Es geht mir im folgenden darum, die Frage zu beantworten, ob man im Leben mit Hunden ganz ohne Verhaltenshemmung, also den Einsatz aversiver Reize, auskommen kann. 

 

Lassen Sie mich ganz kurz einen Ausflug machen, um zu definieren, was Verhaltenshemmung meint. Verhalten zu hemmen bedeutet, dass Verhalten seltener, weniger intensiv, gar nicht mehr auftritt. Dies kann über zwei Wege erreicht werden: 

Verhalten wird dann gehemmt, wenn aus Hundesicht etwas Unangenehmes dazu kommt. Beispiel: Hund frisst einen Kothaufen und der Mensch wirft eine Wurfkette neben ihn und der Hund erschrickt. Um das zukünftig zu vermeiden, wird er seltener Kot fressen. Der Fachbegriff dafür ist positive Strafe.

Verhalten wird auch dann seltener, wenn Erstrebenswertes nicht erreicht wird. Hund springt an seinem Menschen hoch, weil er unbedingt den Ball haben möchte. Das gelingt nicht. Irgendwann wird der Hund die Erfolglosigkeit seiner Strategie Hochspringen erkennen und diese seltener oder gar nicht mehr zeigen. Der Fachbegriff dafür ist negative Strafe.

Hundeverhalten über Verhaltenshemmung wirksam zu steuern, ist aber gar nicht so einfach wie es auf den ersten Blick aussieht.

Denn es müssen etliche Regeln eingehalten werden:

  • ein unerwünschtes Verhalten, das über Hemmung abgebaut werden soll, muss immer, wenn es auftritt unterbrochen werden und zwar sobald es auftritt. Wenn das nicht so ist, lernt der Hund, dass er ab und zu das Verhalten doch zeigen kann. Er lernt z.B. sehr schnell, dass wenn der Mensch noch ausserhalb der Wurfweite ist, er den gefundenen Kothaufen durchaus verspeisen kann.
  • Eine verhaltenshemmende Massnahme muss angekündigt werden, damit der Hund langfristig die Chance hat sich in seinem Tun zu unterbrechen und etwas anderes zu machen. Und dafür wiederum muss er mindestens ein anderes Verhalten vorher gelernt haben, das er dann zeigen kann. Es wäre also u.U. der kürzere Weg dem Hund am Kothaufen gleich ein Sitz zu sagen, statt vorher etwas nach ihm zu werfen.
  • Verhaltenshemmung macht nur bei Verhalten Sinn das grundsätzlich verboten ist. Der Hund kann nicht einordnen, warum es manchmal dazu führt, dass sein Mensch mit ihm spielt, wenn er das Spieltau bringt und zum Toben auffordert und warum der Mensch ihn dafür manchmal abstraft. Und nie zu wissen, wie der andere einzuschätzen ist, das schafft Erwartungsunsicherheit -  keine gute Grundlage für ein sicheres und schönes Zusammenleben.         

Verhaltenshemmung kann eine Reihe von Nebenwirkungen haben. Es kommt sehr häufig vor, dass der Schreck, der Schmerz, der Frust mit anderen Reizen, die gleichzeitig in der Situation da sind, in der das Verhalten auftritt, verknüpft wird. Ein Hund, der an einen Weidezaun kommt und beim Stromschlag erschrickt, hat später häufig Angst vor den Tieren hinter dem Zaun oder manchmal auch vor dem Ort und nicht zwingend vor dem Zaun selbst. Wenn Verhalten viel eingeschränkt und gehemmt wird erzeugt das Frust, Frustration führt zu einem Erregungsanstieg. Wenn viel und hart gestraft wird, entstehen Angst und eine hohe Stressbelastung durch die Unsicherheit, wann die nächste Einwirkung kommen wird. Auch dies führt zu einem Erregungsanstieg. Hohe Erregung ist wiederum eng damit verbunden, dass aus menschlicher Sicht unerwünschte Verhaltensreaktionen wie Jagen, Aggression und Co. wahrscheinlicher werden. 

Alle Bestrafungsmöglichkeiten können in einem Kontinuum zwischen sehr mild und nebenwirkungsarm und extrem aversiv und nebenwirkungsträchtig eingeordnet werden. Dabei ist es sehr vom individuellen Hund abhängig, was als wenig beeindruckend, mild aversiv und was als sehr erschreckend/unangenehm, extrem aversiv empfunden wird. Als Ayleen bei uns eingezogen ist, war für sie die kleinste Spannung auf der Leine extrem beängstigend, sie blieb sofort stehen, drückte den Bauch Richtung Boden und fiel quasi in sich zusammen. Mein Empfinden, dass das ja gar nicht schlimm war, war dabei völlig irrelevant, weil es bei Ayleen grosse Ängste ausgelöst hat.

 

Das bedeutet, wenn man Grenzen über Verhaltenshemmung also über aversive Reize setzen möchte, muss man sich als Hundehalter sehr genau mit den Regeln für Bestrafung beschäftigen und damit, welche Reize vom eigenen Hund wie stark empfunden und bewertet werden. Ausserdem muss ein Verhalten aufgebaut werden, das man dann anschliessend abrufen möchte. Im Grunde ist das auch nicht weniger aufwendig, als sich darüber Gedanken zu machen, wie man erwünschtes Verhalten gut aufbauen kann, welches man wirklich für das Zusammenleben mit seinem Hund braucht und wie man das mit den Bedürfnissen des eigenen Hundes in Einklang bringt. Es ist für uns schlicht nur ungewohnter, fremder, weil wir alle in einer Gesellschaft aufgewachsen sind, in der auf die Fehler geachtet wird. In der Schule werden Fehler angestrichen, der Chef meckert am Arbeitsplatz bei schlechter Leistung, im Radio und Fernsehen kommen die Schreckensmeldungen, man sagt den eigenen Kindern oder Partnern, was einen stört und nervt. Das Gute, angenehme, schöne wird als Selbstverständlich hingenommen. Und so fällt uns das schlicht leichter auch im Umgang mit unseren Hunden, weil es vertrauter ist, weil es gewohnheitsmässig abläuft. Es anders zu machen erfordert ein Umdenken und Neusortieren, eine Veränderung des Blickwinkels. Und das ist nicht immer einfach. 

Ayleen auf einer Holzbrücke: Was für viele Hunde und die meisten Menschen nicht der Rede wert ist, sorgt bei ihr für Unsicherheit, was an ihrer Körperhaltung gut zu erkennen ist. Ein Beispiel dafür, dass jeder Hund etwas anderes als mehr oder weniger unangenehm empfinden kann.


 

Mit diesem kleinen Ausflug in die Lerntheorie ist sicher deutlich geworden, dass Training über Verhaltenshemmung auch nicht so einfach ist, wie viele sich das vorstellen. Die Frage, ob das Leben und Training mit Hunden ganz ohne Verhaltenshemmung auskommt, wurde damit nicht beantwortet.

 

Im Leben mit unseren Hunden wird es vermutlich immer mal wieder auch dazu kommen, dass Verhalten gehemmt wird. Zum einen, weil das unbeabsichtigt passieren kann. Immer mal wieder habe ich Hunde im Training, die sich auf Armeslänge vom Menschen entfernt halten, sobald sie merken, dass der Mensch was von ihm will. Meist ist die Erklärung für das Meideverhalten gegenüber dem Menschen ganz einfach, dass der Mensch ein oder zwei oder drei oder??? Mal mit einer raschen zackigen Handbewegung nach dem Hund gegrapscht hat, was der Hund unangenehm fand oder ihn gar erschreckt hat. Das passiert meist nicht mit Absicht, sondern weil der Hund vielleicht droht, vor ein Auto zu laufen oder sich nicht anleinen lässt, und dem Menschen die Geduld ausgeht. Auch wenn man es im Alltag schlicht mal eilig hat, der Hund sich irgendwo total festgeschnüffelt hat, kann es sein, dass der Mensch den Hund über einen (angekündigten) Leinenzug mitnimmt. Beim Leinenzug spannt sich die Leine langsam an und bringt den Hund damit aus dem Gleichgewicht. Das ist der entscheidende Unterschied zum Leinenruck, bei dem mit viel Power und Kraft die Leine ruckartig gespannt wird, die Leine also einen Moment wieder locker durchhängt und dann mit Schmackes angezogen wird.

 

Viele Hunde, die ich kenne, lernen schnell, bei der Begrüssung des Menschen mit vier Füssen auf dem Boden zu bleiben, wenn das unten bleiben häufig belohnt wird, gerne auch mit richtig viel Sozialkontakt durch den Menschen. Für manche Hunde ist das aber richtig schwierig, vor allem für die, die vor lauter Freude ganz aus dem Häuschen sind, wenn sie Menschen treffen und die dann auch noch sehr schnell sind in ihren Bewegungen. Da passiert es dann schon mal, dass sie eben doch hochspringen, weil es dem Menschen nicht gelingt, schnell genug zu kommentieren und zu belohnen, solange die vier Pfoten noch auf dem Boden sind. Dann kann es durchaus Sinn machen, einen Schritt zurückzugehen und sich vom Hund wegzudrehen, so dass er wieder auf den Boden plumpst. Auf diese Art merkt der Hund, dass er mit Hochspringen das Ziel der Kontaktaufnahme und sozialen Zuwendung eben nicht erreicht. Aber es ist nicht nötig, das Knie nach oben zu ziehen, damit der Hund beim Hochspringen dagegen springt und sich dabei richtig weh tut. Denn der Hund wird auch ohne Schmerzeinwirkung schnelle begreifen, dass er sein Ziel schneller erreicht, wenn er mit vier Pfoten auf dem Boden bleibt.

Sicherlich hat es auch Grenzen, wo man rein und ausschliesslich über positive Verstärkung also Aufbau von erwünschten Verhaltensweisen- Hundeverhalten begrenzen kann.  Diese Grenzen hängen stark von der Motivation des Hundes für das Verhalten ab, das begrenzt werden soll. Es gibt Hunde, die nie so wirklich an der Leine ziehen, die fast von selbst lernen an einer lockeren Leine zu gehen. Ihnen reicht der Leinenradius aus, um ihre Erkundungs- und Schnüffelbedürfnisse zu erfüllen. Bei anderen Hunden wiederum muss schon ein bisschen an der Leinenführigkeit geübt werden. Sie lernen es aber zügig, in dem das lockere Leinelaufen immer wieder belohnt wird. Und dann gibt es wieder Hunde, deren Drang die Umwelt zu erkunden so gross ist, die so bewegungsfreudig sind, dass das Gehen an der Leine eine grosse Herausforderung für sie ist. Und hier ist wohl eine Kombination gefragt aus positiver Verstärkung für lockeres Leinegehen und der Konsequenz, dass auf Leinenzug der Weg keinesfalls zum begehrten Ziel führt, sondern sogar von diesem wegführt.

Unser Ben liebt die Küche sehr, da wird gekocht, da wird sein Essen gerichtet, da stehen der Mülleimer und der gelbe Sack, aus denen er hin und wieder leckere Dinge fischen kann. Wir mögen es nicht, ihn beim Kochen ständig zwischen den Füssen zu haben und sind auch nicht begeistert, wenn er den Mülleimer oder den gelben Sack leerräumt. Deshalb hat Ben gelernt, dass er vor der Küchentür warten soll. Wir haben das Warten vor der Tür belohnt. Manchmal war das Verlangen aber doch so gross, dass er trotzdem versuchte, in die Küche zu kommen. Da haben wir uns manchmal so vor die Küchentür gestellt, dass er nicht ohne weiteres an uns vorbeigehen konnte.  

Sicherlich wird es immer wieder vorkommen, dass ein Hund in Situationen kommt, in denen er aus unserer Sicht unerwünschtes Verhalten zeigt, egal wie vorausschauend und umsichtig der Mensch auch mit ihm unterwegs ist. Ein Hund, der in Hundebegegnungen mit Leinenpöbelei reagiert, lebt ja nicht im luftleeren Raum, und manchmal kommt halt ein Hund plötzlich um die Ecke oder es geht jemand mit seinem Hund dort Gassi, wo man selbst gerade unterwegs ist und sonst eigentlich nie jemand kommt. Oder man ist im Training so weit, dass man nun mit mehr Ablenkung üben möchte und verschätzt sich eben darin, was der Hund schon kann. Und wenn sich dieses Verhalten nicht weiter festigen soll, sollte es auch so schnell und so schonend wie möglich unterbrochen werden. Das ist nicht die Frage. Es ist allerdings nicht richtig, dass diese Unterbrechung ausschliesslich durch Verhaltenshemmung, also Strafe, erreicht werden kann.

Jedes gut aufgebaute Signal, kann unerwünschtes Verhalten unterbrechen, sofern es der Hund in diesem Moment noch ausführen kann. Ich habe einen Hund im Training, der gerne bellt, sobald er ein wenig aufgeregter ist. Die Halterin hat ihm beigebracht, auf Signal seine Schnauzenspitze in einen aus Daumen und Zeigefinger gebildeten Kreis zu stecken. Ursprünglich als Trick eingeübt, kann sie dieses Verhalten auch dazu einsetzen, ihren Hund spielerisch vom Bellen abzuhalten. Denn das ist mit der Schnauze im "Fingerkreis" nicht wirklich machbar. Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieses Tricks auch in potentiell aufregenden Situationen: das Verhalten wird in neutraler Situation zunächst sicher auftrainiert. Dann wird die Erregung, in der das Verhalten abgefragt wird, langsam gesteigert. 

 

Ein gut trainierter Rückruf, dessen Belohnungen sich an den Bedürfnissen des Hundes orientiert haben, bricht Verhalten ab, wenn der Hund dem Reh hinterhergeht, einer Spur nachschnüffeln oder den Hundekumpel begrüssen möchte.

 

Selma hat angesichts eines verführerischen Kothaufens ein alternatives Verhalten erlernt: Statt sich über ihn herzumachen, setzt sie sich hin.
Selma hat angesichts eines verführerischen Kothaufens ein alternatives Verhalten erlernt: Statt sich über ihn herzumachen, setzt sie sich hin.

Ein gut aufgebautes Stoppsignal kann helfen, um Verhalten zu unterbrechen. Ein solches Stoppsignal kann ein Sitz oder Platz auf Entfernung sein. Oder ein Signal, das vom Hund mit Stillstehen bzw. dem Verlagern des Körperschwerpunktes nach hinten verbunden ist, und das wirklich zum Abstoppen verwendet wird, dem dann sofort ein anderes Signal folgt wie Absitzen, Herkommen, usw. Ich persönlich nutze bei meinem Rüden das Geschirrgriffsignal dazu: aufgebaut habe ich das, in dem ich ankündige, dass ich in den Seitengurt des Brustgeschirrs greife und sofort danach nach hinten gefüttert habe (er liebt Futter als Belohnung sehr). Nach einigen Wiederholungen habe ich beim Griff ins Geschirr leichten Zug nach hinten unten aufgebaut und wenn er diesem Zug nachgegeben hat, nach hinten belohnt. Bald war erkennbar, dass die Ankündigung alleine schon eine kleine Rückwärtsbewegung bei ihm ausgelöst hat, die dann nach hinten belohnt wurde. Je nach Erregungslage reicht die Ankündigung oder ich greife noch in das Brustgeschirr. 

 

Auch Hilfsmittel können durchaus für eine gewisse Zeit sinnvoll sein, wenn es darum geht, unerwünschtes Verhalten zu unterbrechen. Eine Schleppleine, die wegen der Verletzungsgefahr immer an ein Brustgeschirr gehört, ist z.B. ein Hilfsmittel, das verhindern kann, dass der Hund mit dem Durchstarten zum Erfolg kommt. Die Schleppleine sollte dabei nicht in voller Länge auf dem Boden schleifen, so dass der Hund mit Anlauf in die 10m lange Leine donnert, sondern immer mit leichter Verbindung zum Hund gehalten werden. Man kann bei Leinenpöblern evtl. auch die Leine am Brust- und Rückenring des Brustgeschirres einhängen. Mit dem vorne eingehängten Leinenende kann man den Hund leichter vom Auslöser wegdrehen, als wenn er nur hinten eingehängt wäre.

 

 

Man kann also unerwünschtes Verhalten auch ohne Wurfkette, Wasserspritze, Zischen, Schimpfen, nach dem Hund treten, Leinenruck und Co. unterbrechen.

 

 Eine komplexe Geschichte

 

 

Zusammenfassend gesagt:

Grenzen sind also einschränkende Regeln, die neben erlaubnisgebenden Regeln das Zusammenleben von Mensch und Hund bestimmen. Grenzen setzen wir Menschen in der Regel dann, wenn Hunde aus unserer Sicht unerwünschtes Verhalten zeigen, das aus Hundesicht aber durchaus logisch und arttypisch sein kann oder einfach noch unreif und impulsiv ist. Dabei kann man sich dem Übergang, der Grenzen zwischen erwünschtem zu unerwünschtem Verhalten, auch durchaus von der Seite des erwünschten Verhaltens her nähern und unter diesem Blickwinkel die Regeln aufstellen. Hierfür gibt es dann verschiedene Wege:

 

  •  indem in bestimmten Situationen Verhalten durch Management vermieden wird.
  • indem der Mensch sich Gedanken macht, welche Verhaltensweisen für seinen Hund wichtig sind und er sich mit dem Hund dieses Verhalten erarbeitet und im Training aufbaut
  • indem der Hund in seinem unerwünschten Verhalten durch die Information unterbrochen wird, welches Verhalten er in dieser Situation stattdessen zeigen soll
  • Und manchmal auch durch Kombination: das erwünschte Verhalten wird verstärkt und das unerwünschte gezeigte Verhalten des Hundes wird gehemmt. Dabei ist es enorm wichtig, so mild hemmend wie irgend möglich zu sein. Und es ist ausserdem wichtig, sich immer wieder bewusst zu machen, dass dieser Baustein in der Anwendung nicht einfach ist und sehr nebenwirkungsreich sein kann, weshalb sein Einsatz wirklich gut überlegt und durchdacht sein sollte. Und dieser Baustein kann sehr viel kleiner gehalten werden, als es gemeinhin den Anschein hat. Ich würde so weit gehen zu sagen, dass es im Training mit dem Hund für den Menschen erstrebenswert ist, möglichst ganz ohne Verhaltenshemmung auszukommen und wo immer möglich andere Wege zur Verhaltensveränderung oder Verhaltensformung vorzuziehen.     

Beispiel für eine Managementmassnahme: Damit Ben während des Besuches bei ihm nicht vertrauten Menschen durch Überforderung nicht in ein unerwünschtes Verhalten fällt, darf er in einem ruhigen Raum für sich sein. So können Mensch und Hund die Situation relativ stressfrei erleben.


In der in der Fachwelt oder Öffentlichkeit geführten Diskussion werden die Hundeerziehung, die Grenzen setzt und die Hundeerziehung über positive Verstärkung zu Gegensätzen erklärt. Das ist schlicht irreführend, hier besteht einfach kein Gegensatz:  jeder, der seinem Hund in bestimmten Bereichen vorgibt, wie er sich am besten zu Verhalten hat, setzt Grenzen. Jeder, der mit einem Hund zusammenlebt stellt auf die eine oder andere Art Regeln auf. Es ist wohl eben eher die Frage des Blickwinkels, auf welche Weise ich diese Grenzen und Regeln aufstellen möchte. Grenzen setzen ist nichts anderes als dem Hund innerhalb der Grenzen der Lerntheorie zu zeigen, welches Verhalten aus Sicht des Menschen erwünscht ist und welches nicht. Häufig wird Setzen von Grenzen aber als Synonym für Verhaltenshemmung, also Bestrafung, benutzt.

 

 

Hinterfragen Sie deshalb immer sehr genau, was jemand meint, wenn er davon spricht, dass es nötig sei, dem Hund Grenzen zu setzen. Und vor allem, über welchen er oder sie diese Grenzen setzen will. 

 

© cumcane familiari/Martina Maier-Schmid